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Georg Friedrich Händel (1685 – 1759):

Komponist, Musiker und Unternehmer

Vortrag von Dr. Klaus-G. Fischer

Es ist aufschlussreich, die beiden bedeutendsten Komponisten des Barockzeitalters gegenüber zu stellen: Beide wurden 1685 geboren; der etwa einen Monat ältere Georg Friedrich Händel in Halle und Johann Sebastian Bach in Eisenach. Während Bachs musikalische Karriere im Wesentlichen auf Thüringen und Sachsen beschränkt blieb und Dienst an Höfen adliger Regenten (Weimar, Köthen) und Städten (Arnstadt, Mühlhausen, Leipzig) beinhaltete, verstand es Händel, sich in Europa weit (Hamburg, Rom, Florenz, Neapel, Venedig, Hannover, London, Dublin) zu etablieren und stets auf Augenhöhe mit Königen, Kardinälen und dem Hochadel als Auftraggebern und Unterstützern zu leben.

Im Gegensatz zu Bach hat Händel die italienische Oper zum Zentrum seines musikalischen Ehrgeizes gemacht, bis hin zur dreimaligen Gründung und Organisation von immerhin jeweils fast zehn Jahre bestehenden Opernunternehmen in London. Dort lag der Lebensschwerpunkt von Händel seit 1712; er wurde 1727 als George Frideric Handel englischer Staatsbürger.

Der Vater von Händel war Hofchirurgius und der Musik eher abgeneigt. Herzog Johann Adolf erkannte das Genie des Jungen und förderte die musikalische Ausbildung. 1702 war Händel Domorganist an der Marktkirche in Halle, aber schon 1703 ging er an das Opernhaus nach Hamburg, das damals eine erste Adresse in Europa war. Das brachte ihm eine Einladung nach Italien ein, der er 1706 folgte, auf eigene Kosten, nicht als Mitglied der Entourage eines Adligen.

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In Rom war er hoch geschätzter Gast beim Hochadel und bei Kirchenfürsten. Opern und Oratorien waren ebenso der Garant für aufsehenerregende Erfolge wie seine Fähigkeiten als Cembalo- und Orgelvirtuose. „Il caro Sassone“ nannten sie ihn. Nicht zuletzt seine beharrliche Weigerung, römisch-katholisch zu werden, machte den Abschied aus Italien leichter, der ihn über Hannover (Hofkapellmeister bei Kurfürst Georg Ludwig von Hannover, der als Georg I 1714 Nachfolger von Queen Anne auf dem englischen Thron wurde) nach London. Dort brillierte Händel mit Musik für den Hof (Utrecht Te Deum und Jubilate für Queen Anne (1713); Wassermusik für Georg I (1717); Dettinger Te Deum für Georg II (1747)), aber auch mit zahlreichen weit beachteten Opernaufführungen, für deren Aufführung Opernakademien als „Aktiengesellschaften“ gegründet wurden. Nach Insolvenz der dritten Akademie widmete sich Händel ab 1739 verstärkt dem Oratorium. „The Messiah“, den er 1742 in Dublin uraufführte, gilt als eines der populärsten Beispiele geistlicher Musik des Abendlandes. Ebenso gilt Händel als Erfinder des Orgelkonzertes, das er als Pausenmusik für die Oratorien konzipierte.

Etliche Musikbeispiele verdeutlichten den musikalischen Stellenwert Georg Friedrich Händels, der 1759 am Ostersamstag in London starb und als englischer Nationalheld in der Westminster Abbey beigesetzt wurde. Übrigens: Händel und Bach sind sich nie persönlich begegnet, obwohl Bach sich darum bemühte. Schade, dass man beim Lesen dieses Berichts die wunderbaren Musikbeispiele nicht hören kann. Die Zuhörerinnen in Moers konnten es und haben es genossen.

Iris Fischer

Jahresfahrt nach Thüringen 2019

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100 Jahre Bauhaus. Aus Thüringen in die Welt. Van de Velde ein Vorreiter

Im September 2019 führte die beeindruckende und abwechslungsreiche Jahresfahrt unsere Moerser Gruppe nach Thüringen, von Anne Helmich ausgezeichnet vorbereitet und organisiert. Neben Gotha und Erfurt besuchten wir als Schwerpunkt Weimar.

Es begann mit einer interessanten Führung über das Gelände der heutigen Bauhaus-Universität und machte uns mit der Geschichte der Großherzoglich-Sächsischen Kunstgewerbeschule seit 1860 bekannt.

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Das Gründungsgebäude des Landschaftsmalers Preller zeichnete sich durch nach Norden gerichtete Atelierfenster aus. Dort gründete der belgische Designer und Architekt Henry van de Velde 1902 sein „Kunstgewerbliches Seminar“. Harry Graf Kessler hatte ihn von Berlin nach Weimar geholt. Das kleinere Brendelhaus von 1886 hatte ein von Eisenfachwerk getragenes Glaswalmdach, ideal geeignet für die Nutzung durch Tiermaler oder –zeichner, später mit Anbau als Mensa vom Bauhaus genutzt.

Nach Renovierungen 1904/05 errichtete van de Velde 1911 das neue Schulgebäude auf schon bestehendem Erdgeschoss und erreichte mit dem großzügigen Bau das Zusammenspiel von Form und Funktion. Bis heute sind die in die Dachschräge übergehenden Atelierfenster mit sprossenfreier Krümmung und das großzügige Treppenhaus imponierend modern.

UTF-8   Treppenhaus in der Bauhaus Universität
UTF-8 Treppenhaus in der Bauhaus Universität

Gründungsdirektor Walter Gropius wollte nichts Geringeres, als junge Menschen ausbilden, Männer wie Frauen aus aller Welt, um den „Bau der Zukunft“ zu erschaffen. Das Anliegen war, die Grenzen zwischen bildender, darstellender und angewandter Kunst aufzulösen.

Da der „Bau der Zukunft“ von Architekten, Künstlern und Handwerkern gemeinsam verwirklicht werden sollte, mussten alle Studenten eine handwerkliche Lehre aufnehmen, hatten zuvor aber ihre Eignung in einem halbjährigen Vorkurs unter Beweis zu stellen. Der Schweizer Kunstpädagoge Johannes Itten hatte ihn als ein Experimentieren mit Farben, Formen und Materialien entwickelt und sehr dominierend bis 1923 geleitet.

UTF-8   Arbeitszimmer Walter Gropius
UTF-8 Arbeitszimmer Walter Gropius

Nur die Besten kamen in die Werkstätten, arbeiteten zunächst mit Holz, Papier und Wolle. Metall kam erst später hinzu. Künstler leiteten als „Formmeister“ zusammen mit Handwerkern, den „Werkmeistern“, die Werkstätten. So erhielten die Studenten zum Abschluss ihres Studiums sowohl ein Diplom als auch einen Handwerksbrief.

Das Bauhaus versuchte, qualitativ gute, für viele erschwingliche Produkte herzustellen: Man musste wirtschaftlich erfolgreich sein!

So gestaltete Gropius 1923 für die große Bauhausausstellung sein Arbeitszimmer in der Hochschule als Gesamtkunstwerk, das gleichzeitig die Ideen und die Leistungsfähigkeit der Werkstätten demonstrieren sollte. Wir konnten einen Blick hineinwerfen.

Später brachte uns der Bus zum „Haus Hohe Pappeln“, früher im Grünen am Rand von Weimar gelegen. 1907 hatte van de Velde es für sich und seine 7köpfige Familie entworfen. Er bewohnte dieses ganz auf die Bedürfnisse aller Familienmitglieder zugeschnittene funktionale Gesamtkunstwerk bis 1917, bis das Leben während des 1. Weltkriegs trotz deutschen Passes zu schwierig für ihn und seine belgische Familie wurde. Auch dort hatten wir eine eindrucksvolle Führung, die uns zeigte, wie genial dies frühe „Meisterhaus“ des Jugendstils geplant war, nicht nur die Architektur, auch die Inneneinrichtung, von Tapeten über Möbel bis zu Gebrauchsgegenständen und Kleidung.

UTF-8   Haus Hohe Pappeln Wohnhaus von Familie van de Velde

UTF-8 Haus Hohe Pappeln Wohnhaus von Familie van de Velde

Van de Velde konzipierte das Haus von innen nach außen, d.h. er plante zuerst die Räume, was den Grundriss recht verschachtelt wirken lässt. Die Fenster sind nach dem Lauf der Sonne ausgerichtet. Im Erdgeschoss gehen Wohndiele, Salon und Esszimmer großzügig ineinander über. Oben befinden sich die Schlafräume, in Südlage das Atelier van de Veldes. Auch den Garten gestaltete er selbst: An der Straßenseite einen Ziergarten mit Obstbäumen und Blumen, vorm Hauseingang ein Rondell mit Wendemöglichkeit für Kutschen, zur Südseite ein kleiner Platz mit Brunnen, nach Westen der Wirtschaftsgarten.

Obwohl die Möbel mit van de Velde in die Schweiz auswanderten, ist der heutige ursprüngliche Gesamteindruck ermöglicht durch eine Schenkung der Familie von Münchhausen. Für den Freund und Journalisten hatte van de Velde seine Entwürfe kopieren lassen.

Im neu eröffneten „bauhaus museum weimar“ wurden wir schließlich durch die Jubiläumsausstellung „Das Bauhaus kommt aus Weimar“ geführt. Im Mittelpunkt der Text von Walter Gropius: „Die brennendste Frage des Tages überhaupt: Wie werden wir wohnen, wie werden wir siedeln, welche Formen des Gemeinwesenswollen wir erstreben? “ (formuliert anlässlich der Bauausstellung 1924 in Stuttgart).

In der modernen, weiträumigen Architektur wurden uns die 13.000 Objekte der Weimarer Bauhauszeit gezeigt, darunter Klassiker wie die Tischlampe von Karl Wagenfeld oder die Teekanne von Marianne Brandt.

Nach der Landtagswahl in Thüringen, im Februar 1924, kürzte die neue Regierung den Etat der Schule um 50%, so dass der Meisterrat das Angebot des Flugzeugbauers Junkers nach Dessau zu kommen, dankbar annahm und die Weimarer Zeit so zu Ende ging.

Es folgte noch der Besuch der renovierten Anna-­Amalia-Bibliothek, ehe für die Gruppe ein ereignisreicher Tag in Gotha ausklingen konnte.

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Text: Barbara Müller
Fotos: Erika Esser

„Komeza ibikogwa!“ Vortrag von Birgit Biehl, Krefeld

„Lasst uns zusammenarbeiten!“ heißt das auf Kirundi und bezeichnet das Burundi-Projekt des Vereins Gani-Dah e.V. Krefeld zur Förderung von Bildung und Ausbildung in Afrika. Birgit Biehl ist Herz und Motor des Vereins. Nach 20jähriger erfolgreicher Arbeit im lebensgefährlich gewordenen Mali engagiert sich Frau Biehl seit einigen Jahren zusätzlich ganz eigenständig in Makamba, Hauptstadt der südlichen Provinz Makamba von Burundi. Nachhaltige partnerschaftliche Entwicklungsarbeit ist das Ziel: Alphabetisierung, Grundbildung, Hilfe zur Ausbildung, medizinische Versorgung, Verbesserung der Ernährungslage, Mikrofinanz.

Eine Weiße in Burundi (Small)
Eine Weiße in Burundi

Das kleine Burundi (groß wie NRW,11 Mio. Einw.), bis 1919 Teil von Deutsch-Ostafrika, danach unter belgischem Protektorat, wurde 1962 zur Republik, inzwischen autokratisch geführt, was den Aufenthalt im Land schwierig macht.

Wunderschön am Ufer des Tanganjikasees gelegen, mit Ruanda, Tansania und der Republik Kongo als Nachbarn, wird das Land von einem Hochplateau (bis 3000m Höhe) durchzogen. Das Land hat sauberes Wasser, saubere Luft, fruchtbaren Boden, und kann doch die vielen Menschen nicht ernähren. Auch der tiefe, uralte See wird allmählich überfischt.

Ein Dorf hoch in den Bergen - typisch Burundi (Small)
Ein Dorf in den Bergen – typisch Burundi

„Komeza ibikogwa!“ haben die Bauern Birgit Biehl in den Bergen zugerufen, die in Makamba steil vor dem Tanganjikasee aufragen. Auf Terrassen werden vor allem Bohnen und Maniok angebaut, daneben Süßkartoffeln, Mais, Bananen, Tee, Kaffee. Die Stadt auf 1500 m Höhe ist von vielen kleinen Bergsiedlungen bis auf 2200 m Höhe umgeben.

Bei den Projekten ging es von Anfang an um die Alphabetisierung junger Erwachsener, den Aufbau von Mikrofinanzstrukturen, die Einführung von Solartechnik hoch oben im Dorf Kayoba.

Unten in Makamba war vor allem die Modernisierung der maroden Entbindungsstation des Krankenhauses dringend. Ausbau und viel neue Technik (funktionierender Strom, Brutkästen, Ultraschallgerät) haben die Situation entscheidend verbessert: 3 Ärzte und 48 Hebammen, Pflegerinnen, und Techniker waren im Frühjahr 2018 allein in einem Monat für 741 Geburten zuständig, es gab nicht einen Todesfall!

Makambas Schule neben der Kirche St.-Pierre-Claver wurde grundsaniert und die Dorfschule von Kinoso sogar neu gebaut.

Da 93% der Bevölkerung katholisch sind, verwaltet die Diözese der Kath. Kirche viele Gemeinschaftseinrichtungen in der Provinz. Friedensarbeit gehört zu ihren ständigen Aufgaben seit den kriegerischen Auseinandersetzungen der 90iger Jahre zwischen den Hutu (85 % der Bevölkerung, traditionell Ackerbauern) und den Tutsi (14%, früher Rinderzüchter, zu Kolonialzeiten zur überlegenen Rasse erhoben). Stacheldraht, Verbotsschilder für Waffen, Polizeikontrollen, Überwachung durch UNO und UNHCR, aber auch nächtliche Überfälle und Verhaftungen gehören noch immer zum Alltag.

Komitees zur Lösung sozialer Konflikte gibt es heute in jeder Gemeinschaft. Dafür wurde ein multifunktionales Jugendzentrum als „Haus der Kulturen“ Ende 2017 fertiggestellt, auch maßgeblich vom Krefelder Verein unterstützt.

Die Frauen nach der Projektsitzung im neuen Kulturhaus (Small)
Die Frauen nach der Projektsitzung im neuen Kulturhaus

Dort hat das koordinierende Entwicklungskomitee, dem Abbé Pierre und Birgit Biehl angehören, mit den betroffenen Einwohnern bis 2020 folgende Prioritäten debattiert und beschlossen:

Die Schule in Makamba, die in Klasse 9 mit einem Diplom abschließt, soll ein Mädchenprojekt zur Basisausbildung am Computer erhalten, da noch zu viele Mädchen die Schule nach Klasse 5/6 verlassen.

Die Bauern-Komitees wünschen sich zu ihren wenigen Schafen oder Ziegen Schweine, die neben Dünger für die Felder auch Fleisch liefern. Ein Drittel der Gemeinschaften konnte schon versorgt werden.

Unicef für die Kinder von Burundi
Unicef für die Kinder von Burundi

Mit digitalem Kontakt, jährlich 2-3monatiger Anwesenheit und großem menschlichen, sogar körperlichen Einsatz leistet Frau Biehl kluge, nachhaltige und direkte Hilfe vor Ort! Ihr berührender Vortrag endete mit 3 lebendigen Videos. Ihrer Bitte um Spenden kamen wir gerne nach.

Text: Edda Glinka
Fotos: Birgit Biehl

Berühmte Salons vom 18. bis 20. Jahrhundert und ihre klugen Gastgeberinnen

Vortrag von Iris Fischer

Sechs prägende Gastgeberinnen literarischer Salons stellt Iris Fischer vor, die allesamt zu Katalysatoren für gesellschaftlichen Wandel wurden.

Nach kurzem Blick auf die adeligen Vorläuferinnen in Frankreich, zunächst zur gesellschaftlichen Situation Deutschlands: Nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-63) hat Preußen unter Friedrich d.Gr. seine Macht im politisch zersplitterten Deutschland gefestigt.  Die Grenzen der Standesordnungen gelten noch, bleiben nach 1789  aber häufiger unbeachtet.

Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach (1739 -1807) gründet als nicht mehr Regierende ab 1775 einen Salon nach französischem Vorbild.

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Bildnachweis: wikimedia commons

Neu ist, dass sie nicht nur den Hochadel einlädt, sondern vor allem männliche Wissenschaftler, Gelehrte, auch durchreisende Ausländer, nur wenige Adelige. Freitags wird zu 3stündigen Vorträgen eingeladen, mittwochs zu lebhafter Diskussion (Herder contra Goethe etwa). Hofdamen sind als handarbeitende Zuhörerinnen im Nebenraum dabei.

Als erste Bürgerliche führt Johanna Schopenhauer (1766 -1838) in Weimar 23 Jahre lang einen äußerlich anspruchslosen Salon mit Goethe als Gast und Anziehungspunkt zugleich. Sprachgewandt und hilfsbereit gelingt es ihr, in der schwierigen Besatzungszeit unter Napoleon die Elite von Weimar an ihren Salon zu binden.  1819 plötzlich verarmt, wird Johanna mit Romanen, Reisebüchern und kunsthistorischen Werken eine der ersten erfolgreichen Berufsschriftstellerinnen.

Bei der jüdischen Salonière Henriette Herz (1764 -1847) versammeln sich um 1800 erstmalig Männer und Frauen aus den verschiedensten Kreisen Berlins – ohne Standes- und Religionsrücksichten. Vorausgegangen ist der wissenschaftliche Salon ihres Ehemannes Marcus Herz, dem folgt im Nebenzimmer äußerst erfolgreich Henriettes Pflege romantischer Freundschaften.

Rahel Varnhagen von Ense, geb.Levin (1771-1833), ist die erste unverheiratete Jüdin, die einen Salon führt. Als Autodidaktin wird sie zur Vertrauten der romantischen Schriftstellergeneration. Ihr umfangreicher Briefwechsel spiegelt den Einfluss auf ihre Zeit und zeigt sie als Vorreiterin der Frauenemanzipation.

Ein paar Walzertakte „Wiener Blut“ führen zu Berta Zuckerkandl (1864-1945). In ihrem Salon geht es auf dem Divan der Wiener Werkstätten bei aller Geselligkeit auch um Politik, um Problemlösungen oder Hilfestellungen, besonders nach dem 1. Weltkrieg. Die hochgebildete Jüdin arbeitet als Journalistin, Übersetzerin aus dem Französischen, Schriftstellerin. 1936 emigriert sie nach Paris, später nach Algier.

Alma Mahler-Werfel (1879-1964) liebt ihre Rolle als „Muse der Kunst“. Zeitgenossen nannten sie „die Witwe der vier Künste“. Mit ihrer Ausstrahlungskraft hat sie  schöpferische Genies wie Gustav Mahler, Oskar Kokoschka und Franz Werfel zu Hochleistungen angespornt. Bei aller Egozentrik  war sie eine Zauberfrau, noch als Emigrantin in den USA.

Mit dem individuellen Werdegang der Frauen, Selbstzeugnissen, Einschätzungen durch Zeitgenossen, berühmten Gästenamen gelingen Iris Fischer sechs eindrucksvolle Portraits, wunderschön bebildert.

Edda Glinka

Museum Abteiberg in Mönchengladbach

Ziel unserer letzten Fahrt im April war das Museum Abteiberg in Mönchengladbach.

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Das Museum für moderne zeitgenössische bildende Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts zeigt u.a. Werke von Beuys, Richter, Kippenberger und Polke.

Der Museumsbau gilt heute als ein Hauptwerk des berühmten Wiener Architekten Hans Hollein und zählt zu den Gründungsbauten der internationalen Postmoderne.

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Text: Anne Helmich

Fotos: Erika Esser

Ein Tag auf dem Kamper Klosterberg

Die 1. Fahrt im 2. Halbjahr führte uns zum Kloster Kamp. Dieses erste Zisterzienserkloster auf deutschem Boden wird 1123 auf morastigem „Feld“ am Niederrhein gegründet. Schon bald ziehen die 12 Mönche aus Morimond im Burgund mit ihrem Abt Heinrich um an den nahen Höhenrücken, gerufen von dessen Bruder, dem Kölner Erzbischof Friedrich I., einem Freund des großen Bernhard von Clairvaux.

Abteikirche von Norden
Abteikirche von Norden

Mit Tochtergründungen breitet sich der wirtschaftlich erfolgreiche Reformorden von Mönchen und Laienbrüdern schnell nach Osten aus: An den Harzrand (Walkenried), nach Pommern (Neuenkamp und Hiddensee) kommen die Kamper Mönche noch im 13. Jahrhundert. Auch Frauenklöster  im Ruhrgebiet  (Saarn, Duissern, Sterkrade) gehören zum 84 Klöster umfassenden Kamper Verband von Töchter- & Enkelklöstern.  Mit der Rückbesinnung auf das „Bete und arbeite“ des Hlg. Benedikt führen die Zisterzienser ein Leben fernab der großen Zentren in tiefer Religiosität und kreativer Bescheidenheit. Das mächtige Netzwerk der „weißen Mönche“ mit Vorbildcharakter durchdringt im 13.Jh. den ganzen Kontinent.

Der Klosterkirche des 12.Jh.s folgt in Kamp nach Kriegsschäden ein Neubau des 13.Jh.s, schon 1410 nach Westen erweitert. In den Reformationswirren des Truchsessischen Krieges fällt 1585 die Klosteranlage der Zerstörung durch den Grafen von Moers, Adolf v. Neuenahr, zum Opfer. Erhalten bleibt nur der gotische Chor mit seinen plastischen Blattkapitellen.

Chorgestühl 1699
Chorgestühl 1699

Während der Gegenreformation (vom 17.Jh. zum 18.Jh.), errichtet man Kirche samt qualitätvoller Innenausstattung und die Klostergebäude im barocken Stil neu, dazu 2 Chortürme mit geschweiften Hauben, eine 6seitige Marienkapelle, auch der typische Dachreiter fehlt nicht.1802 erneute Zerstörung und Auflösung des Klosters, die Kirche bleibt Pfarre Liebfrauen. Die berühmten barocken Gärten (ab 1740) verfallen, auch der Terrassenweinberg.

Das Ordensmuseum beherbergt in seiner Schatzkammer das Kamper Antependium, eine der kostbarsten gotischen Stickereien des Rheinlands. Die Nadelmalerei mit Gold- & Silberfäden auf grünem Seidensamt zeigt unter 7 Maßwerkarkaden eine Marienkrönung, begleitet von Heiligen, Aposteln und winziger Stifterfigur. Interessant auch der Stammbaum des Klosters von 1723. Viele Handschriften aus der bedeutenden Kamper Schreibschule, wie in Teilen die Kamper Bibel von 1312, liegen heute als Preuß. Kulturbesitz in Berlin.

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Kamper Antependium 14. Jh. Marienkrönung

Die barocken Terrassengärten sind seit der Restaurierung von 1989/90 jederzeit zu besuchen, historische Erläuterungen dazu in der Halle auf den Grundmauern der ehemaligen Orangerie. Der Kräutergarten vom Kloster Kamp bietet Erholungsraum und beschilderte Anschauungspflanzungen. Um den Platz in der Mitte sind 4 Hauptbeete angelegt, die Feuer, Wasser, Luft & Erde symbolisieren: ein Reich von Bibelpflanzen, Bienenweiden, Küchenkräutern, bis hin zu Hildegard-Heilpflanzen.

Kloster Kamp
Terrassengarten am Klosterberg

Nach dem Karmeliterorden (1954-2002) belebt heute das Geistliche und Kulturelle Zentrum (www.kloster-kamp.eu) die geschichtsträchtigen Gebäude mit vielfältigen Angeboten. Nach sachkundiger Führung nutzten wir gern das Spenden-Café und den Klosterladen. Danach öffnete uns Kräutergärtnerin Cornelia Merkamp die Augen für ihr Reich.  Es blieb sogar Zeit, im Rokokosaal in die offene Probe zum 14. Kamper Kammermusikfest hinein zu hören.

Text: Edda Glinka
Fotos: Erika Esser, Edda Glinka

„Henry Moore – Impuls für Europa“

40 Damen besuchten die Ausstellung „Henry Moore – Impuls für Europa“ in Münster.

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Die hoch aufragende Bronzeskulptur  „Der Bogenschütze“ – eine Leihgabe der Nationalgalerie Berlin – steht in exponierter Lage vor dem 2014 neu eröffneten LWL Museum und empfängt die Besucher.

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Dem vor 30 Jahren verstorbenen britischen Bildhauer Henry Moore ist diese Sonderausstellung gewidmet.

Gezeigt werden 64 Werke des Künstlers, die vornehmlich aus der Tate London nach Münster gekommen sind.

Während des Rundgangs wird sichtbar, was einen typischen Moore ausmacht: die Kontaktaufnahme mit dem umgebenen Raum, die Monumentalität, die Anlehnung an Urformen, die Stellung zwischen Figürlichkeit und Ungegenständlichkeit.

Im Kontext dieser Arbeiten werden weitere rund 60 Werke von Zeitgenossen gezeigt, von denen er sich inspirieren ließ und die von Moore beeinflusst wurden. Die Spanne reicht von Picasso über Beuys bis zu Lüpertz.

 

Text:   Anne Helmich
Fotos: Erika Esser

 

 

 

Leben helfen – Cap Anamur

Leben helfen

Vortrag Dr. Werner Strahl

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Dr. Werner Strahl im Kreis afrikanischer Kinder

Dr. Werner Strahl, Neurochirurg und Kinderarzt aus Essen, ist seit 37 Jahren Mitglied und nach dem Tod von Rupert Neudeck Vorsitzender der Hilfsorganisation Cap Anamur Deutsche Notärzte e. V. Seit der Gründung von Cap Anamur hält sich die Organisation an das Prinzip, dort zu helfen, wo es am nötigsten ist.

Wie alles begann : Der gemeinnützige Verein Cap Anamur wurde 1979 ins Leben gerufen. In ganz Europa machten sich Menschen Gedanken, wie man die vietnamesischen  Bootsflüchtlinge aus dem südchinesischen Meer retten könnte. Rupert Neudeck hatte in Paris davon erfahren, in Deutschland die Sache publik gemacht, Freunde angeschrieben – unter ihnen Heinrich Böll-  und nach einem Aufruf in der ARD gingen 1,2 Mill. D-Mark auf ein Spendenkonto ein. Christel und Rupert Neudeck gründeten damals den Verein Cap Anamur. Der Name stammt von dem ersten Schiff, mit dem die Aktivisten 11.375 vietnamesische Bootsflüchtlinge retteten und weitere 35.000 medizinisch versorgten.

Heute leistet der Verein humanitäre und medizinische Hilfe in vielen Krisengebieten ungeachtet der ethnischen, religiösen oder politischen Zugehörigkeit der Menschen.

Dr. Strahl betonte, wie wichtig es ist, dass der Verein  nicht staatlich gefördert wird. So ist er politisch unabhängig und kann im Gegensatz zu den großen Hilfsorganisationen  auch dort arbeiten, wo es sonst gar nicht mehr möglich ist.

Um die in Not geratenen Menschen aber schnell wieder unabhängig von fremder Hilfe zu machen, ist es sehr wichtig, die Initiative der einheimischen Bevölkerung zu fördern.

So wird besonders Wert gelegt auf zukunftsorientierte  Ausbildungsprogramme.

Dr. Strahl stellte uns einige Hilfsprojekte vor. Hierbei nahm er uns  mit auf eine Reise durch die ärmsten Länder der Welt.

Afghanistan: Die Schulsituation in den ländlichen Provinzen  ist dramatisch schlecht, hinzu kommt die Benachteiligung von Mädchen. Hier wurden Mädchenschulen errichtet, die begeistert aufgenommen und bisher nicht angegriffen wurden. Erfolgreich konnte die hohe  Mutter-/Kindsterblichkeit verringert werden, seit Kontaktleute vor Ort junge Frauen zu Hebammen ausbilden. Neben der Verbesserung der medizinischen Versorgung erhalten die jungen Frauen aber auch die Möglichkeit einer Berufsausbildung.

Bangladesch: Dies Land zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Hier werden besonders Krankenhäuser mit Medikamenten und Material unterstützt, die ihre Hilfe den Ärmsten der Armen zugute kommen lassen. So kann inzwischen die Versorgung von 10.000 Patienten im Monat sichergestellt werden.

Nepal: Nur wenige Tage nach dem Erdbeben im April 2015 kam das Nothilfe-Team an und konnte wichtige Hilfe bei der Erstversorgung der Verletzten und beim Wiederaufbau leisten.

Syrien: Die syrischen Flüchtlinge , die Deutschland aufgenommen hat, stellen nur einen Bruchteil dar. Die weitaus größere Anzahl an Flüchtlingen lebt mehr recht als schlecht in den Nachbarländern Libanon, Türkei und Jordanien. Im Land selbst harren viele Syrer unter härtesten Bedingungen aus. Im 5. Jahr des Konflikts schwindet bei vielen die Hoffnung auf Frieden. Cap Anamur unterhält in Syrien 3 Krankenhäuser und hat in der Nähe eines Flüchtlingslagers eine Containerklinik eingerichtet, in der man sich um die Syrer kümmert, denen der Grenzübergang versagt bleibt.

Leider sind die humanitären Helfer auch großen Gefahren ausgesetzt. In Sierra Leone war es  die Ebola Epidemie, die für alle eine große psychische und körperliche Herausforderung darstellte.

Neben der Seuchengefahr nimmt auch die Gewalt gegen Hilfsorganisationen rasant zu.

Aber, so Dr. Strahl, „Die Hoffnung auf Humanität  muss möglich bleiben.“

Zum ersten Mal in seiner 30-jährigen Geschichte wurde der NRW-Staatspreis posthum verliehen. Diese hohe Auszeichnung erhielt Rupert Neudeck, der im Mai  2016 verstarb, gemeinsam mit seiner Ehefrau Christel.

 

Spendenkonto: Cap Anamur/ Deutsche Not–Ärzte e.V.

Sparkasse KölnBonn

IBAN  DE85 3705 0198 0002 2222 22

SWIFT-BIC COLSDE 33

Text: Reinhilde Fuest

Zu Bosch in ‘s-Hertogenbosch

 

Der 500. Todestag von Hieronymus Bosch, dem bedeutendsten mittelalterlichen Maler der Niederlande, wird 2016 in 7 Museen und Städten als nationales Ereignisjahr gefeiert: www.bosch500.nl/grandtour. Der Höhepunkt: die große Retrospektive im Noordbrabantse Museum bis zum 8.5.16.

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Gut vorbereitet durch einen fundierten Vortrag von Frau Dr. Luther-Zimmer, gelangten wir am 27.4., dem arbeitsfreien Koningsdag, früh ans Ziel; konnten noch im Museumsshop stöbern, ehe sich unser lange gebuchtes Zeitfenster zur Ausstellung öffnete. Als eine von vielen bahnten wir uns den Weg zu den umlagerten Originalen, unterstützt durch Audioguide und Infoheft, aber auch durch hohe Monitore an den Wänden, die mit großen Projektionen die jahrelangen Forschungs- und Restaurationsergebnisse durch das Bosch Research and Conversation Project zeigten.

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In den verschiedenen Themenbereichen, von Lebenspilgerschaft, Leben Christi, bis zum Ende der Zeiten, erfuhren die Besucher so anhand großartiger Nahaufnahmen, welch brillante Feinmalerei in Boschs Werken auf Entdeckung wartete. Alle separat ausgeleuchtet, durch blendfreie Scheiben gut geschützt, so dass man mit Geduld sehr nah herankam.
Der Maler, den wir vor allem durch seine fantastischen Visionen von teuflischen Ungeheuern und menschlichen Höllenqualen kennen, ist auch der älteste Niederländer, von dem kleine, außergewöhnliche Zeichnungen im Louvre, dem Kupferstichkabinett oder der Albertina erhalten sind. Die erstaunten durch ihren leichten, sicheren Strich, oft mit verschiedenen Szenen auf der Vorder- oder Rückseite. Neben Monsterskizzen oder Höllenlandschaften faszinierend: Das Eulennest oder aus Berlin „Das Feld hat Augen und der Wald hat Ohren“, gleichzeitig ein wichtiges Dokument für Boschs künstlerisches Selbstverständnis, denn der lateinische Wahlspruch über der Zeichnung bedeutet: „Armselig ist der Geist, der immer von den Funden anderer Gebrauch macht und sich selbst nichts ausdenkt.“
Zwischen Himmel und Hölle erlebten wir Bosch als Mann seiner Zeit, der zeitgenössische Sprichwörter, Buchillustrationen, Symbolvorstellungen aufgriff. Als anerkanntes Mitglied der Schwanenbruderschaft ist er mit vielen anderen gemeinsam an Bau und Ausschmückung der Hauptkirche Sint-Jan tätig gewesen. Inhalte des christlichen Glaubens wollte er mit seiner Kunst vermitteln. Gefühle und Empfindungen konnte er, wie kaum ein anderer seiner Zeit, in Gesichter zaubern.
Seine gespenstischen Szenen um den Heuwagen, im Garten der Lüste oder auf dem Weltgerichtstriptychon sind in ihrer Symbolbedeutung von seinen Zeitgenossen wohl eher verstanden worden als von uns Heutigen. Uns bleibt nach über 500 Jahren, sein Genie und seine Farbideen zu bewundern.

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Nach zweistündigem Museumsbesuch empfing uns die Stadt in Feierlaune. Zu Ehren von Willem Alexander Kirmes auf dem Marktplatz, Theater auf dem Kirchplatz, Straßenmusik und Buden an jeder Ecke. Nur die Sint-Janskerk blieb bei dem großen Rummel leider geschlossen.
Um 15:00 Uhr kamen wir auf dem Markt wieder zusammen vor dem Touristbüro des VVV im gotischen Hallenhaus von 1220, dem Moriaan. Am Markt steht noch das Elternhaus Boschs, das ihm und seiner Familie lebenslang als Atelier diente; auf der Nordseite des Marktes auch das hochherrschaftliche In den Salvatoer, das Bosch seit 1481, nach seiner Hochzeit mit Aleid van de Meervenne, bis zu seinem Tode bewohnte. Seit 1930 schmückt sein Standbild die Mitte des Marktes.
In zwei Gruppen ging es dann in unterschiedliche Teile des mittelalterlichen Stadtzentrums, immer wieder überrascht durch Fantasiefiguren aus Boschs Garten der Lüste, dem Messer mit Ohren oder dem Distelfink mit nacktem Menschlein auf dem Rücken.

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Dankbar für die Eindrücke dieses ungewöhnlichen Tages sanken wir in die Polster unseres komfortablen Busses, als er am verabredeten Punkt wieder einrollte.

Edda Glinka

Fotos: Erika Esser

Johann Sebastian Bach Leben und Werk – Musikalischer Höhepunkt des Barock

Vortrag von Dr. Klaus-Gotthard Fischer

„Es ist nicht Gott, der uns Atheisten gefährlich werden kann, sondern Johann Sebastian Bach!“ Dieses Zitat des Dichters Wolf Wondratschek konnte Dr. Klaus – G. Fischer mit seinem Vortrag und den wunderbaren Musikbeispielen überzeugend belegen.

Johann Sebastian Bach stammt aus einer weit verzweigten Musikerfamilie aus Thüringen und wurde 1685 in Eisenach geboren. Seine familiären Verhältnisse waren nicht einfach. Nach dem frühen Tod seiner Eltern kam er in die Obhut seines älteren Bruders Johann Christof Bach, der Organist in Ohrdruf war. Dort lernte Bach das Orgelspiel und auch den Orgelbau. 1707 heiratete er seine erste Frau Maria Barbara Bach, dieser Ehe entstammten fünf Söhne und zwei Töchter. Ihr Tod 1720 schmerzte ihn sehr. In zweiter Ehe heiratete er Anna Magdalena Bach. Sie hatten sechs Söhne und sieben Töchter. Von den insgesamt zwanzig Kindern erreichten nur zehn das Erwachsenenalter. Vier Söhne wurden Komponisten: Wilhelm Friedemann Bach (1710-1784), Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788), Johann Christoph Bach (1732-1795) und Johann Christian Bach (1735-1795). Im 18. Jahrhundert übertrafen sie zeitweise den Ruhm des Vaters und werden bis heute aufgeführt.

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Seinen Vortrag gliederte der Referent nach den beruflichen Stationen von Johann Sebastian Bach. Seine erste Anstellung bekam Bach 1703 in Arnstadt. Auf Grund seiner profunden musikalischen Ausbildung wurde Bach zu einem begehrten Orgelprüfer. Sein wohl berühmtestes Orgelstück Toccata und Fuge (BWV 565) entstand in Arnstadt und steht mit seinem Aufbau für die vielfältigen Anforderungen bei einer Orgelprüfung. Mit einer Kostprobe aus der Toccata erlebten die Zuhörerinnen ihr erstes musikalisches Gänsehautgefühl.

Wie vielen genialen Menschen erging es auch Bach: Die meisten Zeitgenossen haben sein Talent nicht erkannt und gewürdigt. Das Konsortium und Rat der Stadt Arnstadt waren ignorant gegenüber den musikalischen Belangen und ungerechte Arbeitgeber. Bachs musikalischer Perfektionismus ließ sich oftmals nicht mit den Gegebenheiten realisieren. Der grundsätzliche Dissens zwischen protestantischer Strenge in der Kirchenmusik und Bachs Gotteslob in aufwendigen Kantaten und Passionen ließ sich nicht lösen. Diese Erfahrungen in Arnstadt sollten ihm während seines Berufslebens immer wieder begegnen, besonders später in Leipzig.

Bach verließ Arnstadt und trat 1707 sein Amt als Organist in Mühlhausen an. In dieser Zeit komponierte er Kantaten und entwickelte seine Version der Wohltemperierten Stimmung des Klaviers. Nach nur einem Jahr in Mühlhausen bat Bach um seine Entlassung und ging 1708 als Organist und Kammermusiker an den Weimarer Hof. Obwohl Bach als Musiker und Komponist angesehen war – in Weimar entstanden viele Orgelwerke und etliche Kantaten – überging man ihn bei der Besetzung der Stelle des Hofkapellmeisters.

Gerne folgte Bach dem Ruf des Fürsten Leopold zu Anhalt Köthen. 1717 wurde er dort Hofkapellmeister, nachdem er in Weimar wegen Unbotmäßigkeit einen Monat im Gefängnis saß und in Ungnade entlassen wurde. Der Hof in Köthen bot Bach nun hervorragende Möglichkeiten. Der musikliebende Fürst hatte erstklassige Musiker versammelt und Bach konnte seine Meisterschaft beweisen. Er komponierte Orchestersuiten, Kammermusik und die Brandenburgischen Konzerte. Ein Satz aus dem 5. Brandenburgischen Konzert (BWV 1054) begeisterte die Zuhörerinnen.

1723 wurde Johann Sebastian Bach in Leipzig Thomaskantor und behielt diese Stelle bis zu seinem Tod 1750. Als Kantor und Musikdirektor war er für die Musik in den vier Hauptkirchen der Stadt verantwortlich. Dazu zählten die Aufführungen von Kantaten an allen Sonn- und Feiertagen. Außerdem oblag ihm der Musikunterricht in der Thomasschule. Die Internatsschüler waren verpflichtet, als Chorsänger die Gottesdienste mitzugestalten.

bach

In seiner Leipziger Zeit hat Bach mehrere Hundert Kantaten komponiert, von denen 224 überliefert sind und im Bachwerke-Verzeichnis BWV mit Hauptnummern aufgeführt werden. Seine Kirchenmusik galt Soli Deo Gloria – Gott allein zu Ehren. So entstanden seine wunderbaren Oratorien, Messen und Passionen. Beim Hören der Szene Christus vor Pilatus aus der Matthäus-Passion (BWV 244), dirigiert von Helmut Rilling, waren die Zuhörerinnen bewegt von Bachs unglaublicher religiösen und musikalischen Intensität.

Mitte des Jahres 1749 verschlechterte sich Bachs Gesundheitszustand und er verstarb am 28. Juli 1750 kurz nach einer zweiten erfolglosen Augenoperation. Mit Bachs Tod endete aus heutiger Sicht das Zeitalter der Barockmusik. Eine Bach-Renaissance begann nach der Wiederaufführung der Matthäus-Passion 1829 durch Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy.

Bachs großes Schaffen und umfassendes Werk überdauerte die Jahrhunderte und seine Musik beglückt uns noch heute. Für viele Musikliebhaber ist Bach einfach der „Größte“. Selbst Beethoven sagte: „Nicht Bach – sondern Meer sollte er heißen.“

Der Eingangschor „Jauchzet, frohlocket“ aus dem Weihnachtsoratorium, Bachs populärstes Vokalwerk (BWV 248), beendete diesen Vortrag, der von positiven Emotionen seiner Zuhörerinnen begleitet war.

Iris Fischer, Gruppe Moers