Berühmte Salons vom 18. bis 20. Jahrhundert und ihre klugen Gastgeberinnen

Vortrag von Iris Fischer

Sechs prägende Gastgeberinnen literarischer Salons stellt Iris Fischer vor, die allesamt zu Katalysatoren für gesellschaftlichen Wandel wurden.

Nach kurzem Blick auf die adeligen Vorläuferinnen in Frankreich, zunächst zur gesellschaftlichen Situation Deutschlands: Nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-63) hat Preußen unter Friedrich d.Gr. seine Macht im politisch zersplitterten Deutschland gefestigt.  Die Grenzen der Standesordnungen gelten noch, bleiben nach 1789  aber häufiger unbeachtet.

Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach (1739 -1807) gründet als nicht mehr Regierende ab 1775 einen Salon nach französischem Vorbild.

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Neu ist, dass sie nicht nur den Hochadel einlädt, sondern vor allem männliche Wissenschaftler, Gelehrte, auch durchreisende Ausländer, nur wenige Adelige. Freitags wird zu 3stündigen Vorträgen eingeladen, mittwochs zu lebhafter Diskussion (Herder contra Goethe etwa). Hofdamen sind als handarbeitende Zuhörerinnen im Nebenraum dabei.

Als erste Bürgerliche führt Johanna Schopenhauer (1766 -1838) in Weimar 23 Jahre lang einen äußerlich anspruchslosen Salon mit Goethe als Gast und Anziehungspunkt zugleich. Sprachgewandt und hilfsbereit gelingt es ihr, in der schwierigen Besatzungszeit unter Napoleon die Elite von Weimar an ihren Salon zu binden.  1819 plötzlich verarmt, wird Johanna mit Romanen, Reisebüchern und kunsthistorischen Werken eine der ersten erfolgreichen Berufsschriftstellerinnen.

Bei der jüdischen Salonière Henriette Herz (1764 -1847) versammeln sich um 1800 erstmalig Männer und Frauen aus den verschiedensten Kreisen Berlins – ohne Standes- und Religionsrücksichten. Vorausgegangen ist der wissenschaftliche Salon ihres Ehemannes Marcus Herz, dem folgt im Nebenzimmer äußerst erfolgreich Henriettes Pflege romantischer Freundschaften.

Rahel Varnhagen von Ense, geb.Levin (1771-1833), ist die erste unverheiratete Jüdin, die einen Salon führt. Als Autodidaktin wird sie zur Vertrauten der romantischen Schriftstellergeneration. Ihr umfangreicher Briefwechsel spiegelt den Einfluss auf ihre Zeit und zeigt sie als Vorreiterin der Frauenemanzipation.

Ein paar Walzertakte „Wiener Blut“ führen zu Berta Zuckerkandl (1864-1945). In ihrem Salon geht es auf dem Divan der Wiener Werkstätten bei aller Geselligkeit auch um Politik, um Problemlösungen oder Hilfestellungen, besonders nach dem 1. Weltkrieg. Die hochgebildete Jüdin arbeitet als Journalistin, Übersetzerin aus dem Französischen, Schriftstellerin. 1936 emigriert sie nach Paris, später nach Algier.

Alma Mahler-Werfel (1879-1964) liebt ihre Rolle als „Muse der Kunst“. Zeitgenossen nannten sie „die Witwe der vier Künste“. Mit ihrer Ausstrahlungskraft hat sie  schöpferische Genies wie Gustav Mahler, Oskar Kokoschka und Franz Werfel zu Hochleistungen angespornt. Bei aller Egozentrik  war sie eine Zauberfrau, noch als Emigrantin in den USA.

Mit dem individuellen Werdegang der Frauen, Selbstzeugnissen, Einschätzungen durch Zeitgenossen, berühmten Gästenamen gelingen Iris Fischer sechs eindrucksvolle Portraits, wunderschön bebildert.

Edda Glinka