Zu Bosch in ‘s-Hertogenbosch

 

Der 500. Todestag von Hieronymus Bosch, dem bedeutendsten mittelalterlichen Maler der Niederlande, wird 2016 in 7 Museen und Städten als nationales Ereignisjahr gefeiert: www.bosch500.nl/grandtour. Der Höhepunkt: die große Retrospektive im Noordbrabantse Museum bis zum 8.5.16.

Het Noordbrabantse MuseumIMG_20160429_113238

Gut vorbereitet durch einen fundierten Vortrag von Frau Dr. Luther-Zimmer, gelangten wir am 27.4., dem arbeitsfreien Koningsdag, früh ans Ziel; konnten noch im Museumsshop stöbern, ehe sich unser lange gebuchtes Zeitfenster zur Ausstellung öffnete. Als eine von vielen bahnten wir uns den Weg zu den umlagerten Originalen, unterstützt durch Audioguide und Infoheft, aber auch durch hohe Monitore an den Wänden, die mit großen Projektionen die jahrelangen Forschungs- und Restaurationsergebnisse durch das Bosch Research and Conversation Project zeigten.

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In den verschiedenen Themenbereichen, von Lebenspilgerschaft, Leben Christi, bis zum Ende der Zeiten, erfuhren die Besucher so anhand großartiger Nahaufnahmen, welch brillante Feinmalerei in Boschs Werken auf Entdeckung wartete. Alle separat ausgeleuchtet, durch blendfreie Scheiben gut geschützt, so dass man mit Geduld sehr nah herankam.
Der Maler, den wir vor allem durch seine fantastischen Visionen von teuflischen Ungeheuern und menschlichen Höllenqualen kennen, ist auch der älteste Niederländer, von dem kleine, außergewöhnliche Zeichnungen im Louvre, dem Kupferstichkabinett oder der Albertina erhalten sind. Die erstaunten durch ihren leichten, sicheren Strich, oft mit verschiedenen Szenen auf der Vorder- oder Rückseite. Neben Monsterskizzen oder Höllenlandschaften faszinierend: Das Eulennest oder aus Berlin „Das Feld hat Augen und der Wald hat Ohren“, gleichzeitig ein wichtiges Dokument für Boschs künstlerisches Selbstverständnis, denn der lateinische Wahlspruch über der Zeichnung bedeutet: „Armselig ist der Geist, der immer von den Funden anderer Gebrauch macht und sich selbst nichts ausdenkt.“
Zwischen Himmel und Hölle erlebten wir Bosch als Mann seiner Zeit, der zeitgenössische Sprichwörter, Buchillustrationen, Symbolvorstellungen aufgriff. Als anerkanntes Mitglied der Schwanenbruderschaft ist er mit vielen anderen gemeinsam an Bau und Ausschmückung der Hauptkirche Sint-Jan tätig gewesen. Inhalte des christlichen Glaubens wollte er mit seiner Kunst vermitteln. Gefühle und Empfindungen konnte er, wie kaum ein anderer seiner Zeit, in Gesichter zaubern.
Seine gespenstischen Szenen um den Heuwagen, im Garten der Lüste oder auf dem Weltgerichtstriptychon sind in ihrer Symbolbedeutung von seinen Zeitgenossen wohl eher verstanden worden als von uns Heutigen. Uns bleibt nach über 500 Jahren, sein Genie und seine Farbideen zu bewundern.

Hauptkirche Sint-JanIMG_20160427_155707862

Nach zweistündigem Museumsbesuch empfing uns die Stadt in Feierlaune. Zu Ehren von Willem Alexander Kirmes auf dem Marktplatz, Theater auf dem Kirchplatz, Straßenmusik und Buden an jeder Ecke. Nur die Sint-Janskerk blieb bei dem großen Rummel leider geschlossen.
Um 15:00 Uhr kamen wir auf dem Markt wieder zusammen vor dem Touristbüro des VVV im gotischen Hallenhaus von 1220, dem Moriaan. Am Markt steht noch das Elternhaus Boschs, das ihm und seiner Familie lebenslang als Atelier diente; auf der Nordseite des Marktes auch das hochherrschaftliche In den Salvatoer, das Bosch seit 1481, nach seiner Hochzeit mit Aleid van de Meervenne, bis zu seinem Tode bewohnte. Seit 1930 schmückt sein Standbild die Mitte des Marktes.
In zwei Gruppen ging es dann in unterschiedliche Teile des mittelalterlichen Stadtzentrums, immer wieder überrascht durch Fantasiefiguren aus Boschs Garten der Lüste, dem Messer mit Ohren oder dem Distelfink mit nacktem Menschlein auf dem Rücken.

DistelfinkIMG_20160429_101628

Dankbar für die Eindrücke dieses ungewöhnlichen Tages sanken wir in die Polster unseres komfortablen Busses, als er am verabredeten Punkt wieder einrollte.

Edda Glinka

Fotos: Erika Esser